Projektbeschreibung
Der Bergmannkiez in Kreuzberg hat den Bombenkrieg erstaunlich gut überstanden. Auch die Modernisten der 20er und 50er Jahre mit ihren Abriss- und Entstuckungsprogrammen haben die Gegend nicht wesentlich verändert. Bis heute wird das Gesicht des Quartiers von gründerzeitlichen Details, hellen Putzen und stark farbigen Fenstern geprägt. Seit der Wende hat sich die Bergmannstraße zu einem touristischen Zentrum entwickelt, das gleichzeitig für Einheimische von zentraler identitätsstiftender Bedeutung ist.
Das Gesundheitszentrum an der Bergmannstraße 5 schließt eine Baulücke, die seit der
Entstehung des Quartiers im 19. Jahrhundert den beidseitig geschlossenen Straßenraum unterbrach. Der hintere Grundstücksteil wurde 1929 von Hans Heinrich Müller mit einem heute unter Denkmalschutz stehenden Abspannwerk bebaut. Als dessen Nutzung aufgegeben wurde, ergab sich die Chance, das gesamte Grundstück neu zu entwickeln.
Nachdem die ersten Pläne für ein Gesundheitszentrum an diesem Ort mit Einzelhandel und Gastronomie veröffentlicht wurden, wuchs sehr schnell politischer Widerstand. Die Furcht vor der Zerstörung des architektonischen Ensembles Bergmannkiez durch einen maßstabssprengenden Neubau führte zur Erarbeitung neuer Fassadenentwürfe. Bauherr und Bürgermeister entschieden sich für einen Entwurf von
Tobias Nöfer in Zusammenarbeit mit Georg Graetz.
Die Fassade ist durch einen hervorgehobenen Mittelrisalit in drei Abschnitte gegliedert, damit das Erscheinungsbild des drei Parzellen überspannenden Neubaus sich den Proportionen der umgebenden Straßenfassaden annähert. Der mittlere Fassadenabschnitt tritt wie die Erker der umgebenden Bauten in den Straßenraum und markiert den Zugang zur Hofebene, von der aus die meisten Praxen erschlossen werden. Der Bedeutung der entstehenden öffentlich zugänglichen Lobby und Treppenanlage entsprechend wurden die Säulen und Seitenwände als Teile der Fassade durchgestaltet.
Der Bezug des Neubaus auf den architektonischen Ausdruck der Umgebung ist in seiner Materialität, Farbigkeit und Detaillierung unmittelbar erkennbar. Gleichzeitig tritt der Neubau eigenständig in Erscheinung. Insgesamt ist bei aller Modernität im Detail, der Bezug auf die Architektur der Berliner Moderne der 20er Jahre beabsichtigt, wird doch so ein subtiler Bezug zum Abspannwerk im Hof hergestellt.