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Kunstfaser

Teppichböden aus Kunstfasern bestehen in der Regel aus drei Schichten. Die Trägerschicht oder Rückenschicht liegt direkt auf dem Boden auf und ist der entscheidende Teil eines Kunstfaserbodens, wenn es um die Eignung zum Verlegen auf einer Fußbodenheizung geht. Auf der ist eine Klebeschicht aufgebracht, die die Kunstfasern untrennbar mit der Trägerschicht verbinden, wobei diese faserige Schicht als Nutzschicht mit der Abkürzung „NU“ bezeichnet wird.

Grundsätzlich wird bei diesen Teppichböden zwischen Schlingen und Vlies unterschieden. Bei Schlingenböden ist die Kunstfaser durchgängig gewebt, sodass an der Oberfläche der Nutzschicht Schlingen aus dem Boden hervortreten. Sind Haustiere vorhanden, empfiehlt sich diese Bodenart nicht, denn die Krallen von Hunden und Katzen bleiben regelmäßig in den Schlingen hängen, wodurch der Bodenbelag beschädigt werden kann. Teilweise werden ganze Reihen von durchgewebten Fäden aus dem Bodenbelag gerippt. Beim Vlies wird die Schlinge abgeschnitten, was dem Bodenbelag eine höhere Dichte und mehr Flausch verleiht.

Diese Bodenbeläge werden mit doppelseitig klebendem Teppichklebeband auf dem Untergrund fixiert, können lose aufgelegt, ganzflächig verklebt oder gespannt werden.

Kunstfaserböden werden aus chemisch-cellulosen Fasern produziert, zu denen Viskose und Zellwolle zählen, die wegen der chemischen Behandlung den Kunstfaserböden zugerechnet werden müssen. Dazu kommen synthetisch hergestellte Kunstfasern wie Polyamid, Polyester, Polyacryl oder Polypropylen.

Bei der Herstellung dieser Teppichböden wird zumeist Polyamid eingesetzt und im Tuftingverfahren verarbeitet. Die aus den USA stammende Produktionsweise setzt Reihen von Nadeln ein, die durch die Trägerschicht gestochen werden, wodurch der Polyamidfaden präzise platziert werden kann.

Bei der Teppichherstellung ist die Kunstfaser das am häufigsten verwendete Material. Die Vorteile der verwendeten Fasern sind bereits aus der Bekleidungsindustrie bekannt und werden in leicht veränderter Weise auf Bodenbeläge übertragen. Kunstfasern verfügen über eine hohe Abriebfestigkeit, sind sehr strapazierfähig und zudem schmutzabweisend. Die glatte Struktur der Fasern macht es Schmutz und Wasser unmöglich in die Faser selbst einzudringen. So können sich Partikel nur zwischen den Fasern anlagern, wo sie nach dem Trocknen abgesaugt werden können.

Entgegen der allgemeinen Meinung sind diese Bodenbeläge besonders für Hausstauballergiker geeignet, denn die Kunstfasern binden den Staub, während der auf glatten Böden nur aufliegt und beim Begehen immer wieder aufgewirbelt wird.

Überdies sind Kunstfasern in einer riesigen Farbpalette und in einer gigantischen Auswahl an Mustern erhältlich, sodass sie bei der Innenraumgestaltung nahezu jede Designidee umsetzten können.

Unangenehm sind die statischen Eigenschaften von Kunstfasern, denn durch das Belaufen der Oberfläche wird durch die Reibung Energie erzeugt, die von den Fasern gespeichert wird. Diese Energie wird in Form von unangenehmen elektrischen Entladungen freigesetzt, beispielsweise beim Anfassen einer Türklinke oder dem Öffnen eines Fensters. Durch das Einflechten von Kohlefasern in einen Kunstfaserboden kann der statischen Aufladung vorgebeugt werden. Bei einigen Produkten wird mit einer antistatischen Beschichtung diesem Nachteil abgeholfen. Allerdings verringert sich diese Schutzschicht im Laufe der Nutzung, weshalb das elektrostatische Phänomen nach einiger Zeit wieder auftritt, wenn die Anti-Statik-Beschichtung nicht regelmäßig wiederholt wird.

Zur Trittschalldämmung und Wärmeisolierung werden Kunstfaserböden mit aufgeschäumten Trägerschichten angeboten, dem sogenannten geschäumten Teppichrücken. Dabei wird sehr häufig Kautschuk oder Latex als Schaummaterial angegeben, was irreführend ist, wie Test von Öko-Test und Stiftung Warentest ergeben haben.

Häufig handelt es sich um Materialmischungen mit Anteilen von Kautschuk oder Latex, die schwere gesundheitliche Nebenwirkungen mit sich bringen können. So ist Butadien-Latex in etwa 50% aller synthetischen Kautschuke enthalten. Ausdampfungen dieser Latex-Art wirken betäubend, führen zu Kopfschmerzen und Schwindel und können das Sehvermögen beeinträchtigen. Oftmals wird Polyurethan-Weichschaum eingesetzt. In klinischen Tests wurde nachgewiesen, dass dieser Weichschaum Schleimhautreizungen, Allergien und Husten auslösen kann, die nach längerer Einwirkzeit einen chronischen, nicht mehr heilbaren Zustand annehmen.